Waldgefühle

federnde Schritte
auf moosigen Pfaden
sandklare Bäche
murmeln in Moll
Säulenriesen warten
Äonen von Jahren
wiegende Häupter wandeln
Licht in Strahlenfinger
Goldsprenkel im Farn
Lippen voll Himbeersaft
du hast Blätter im Haar!
ein Häher warnt
tiefgrüne Augen
mooriger Seen
Waldstimme flüstert
Kommt wieder!
veredit©Isabella Kramer 08
In der alten Laube
mit leisen seufzern
tropfen rosenblätter
auf die ausgetretenen steine
schwül legt der balsamduft
den abend um das haus
die katzen räkeln sich
verliebt in minze
blassblaue falter
gaukeln müde
im letzten sonnenlicht
ein träger friede
webt sich ins geäst
umschmeichelt tröstend
bauscht der wind
den sommer
veredit©Isabella Kramer 10
Markttag

Blumenrausch in Zinkeimern
Tomatenpyramiden unter gestreiften Markisen
Hand in Hand schlendern
Radieschenbouquet fürs Wochenendglück
Thymianhonig gegen Fernweh
Kinderträume vom eigenen Küken
wir kosten unsere Nähe
Blumenkohlzeit für alle
Glitzernde Heringe versprechen
Fisch ist gesund!
apfelduftgeschwängerte Luft
für Dich die eingelegten Oliven
veredit©Isabella Kramer 05.08.08
Januar See

träge treibt der See
in grauen Wellen
Nordwind knistert
in eisstarrem Riet
bis an die Ohren
vermummte Boote
dümpeln an der
verlassenen Mole
und einbeinige Möwen
nehmen auf dem Geländer
die Neujahrsparade ab
nicht nur die kalte Luft
treibt mir die Tränen
in die Augen
sommers waren wir
uns hier nah
veredit©Isabella Kramer 09
endlich wieder

Mein erster Weg führt immer an den Strand.
Fort mit den Schuhen noch im ungeduldigen Lauf.
Nackt bohren die Zehen sich wohlig in den Sand.
Die Seele, befreit, steigt mit den Möwen hoch hinauf.
Das Spiel der Wellen rollt mir die erste Muschel zu,
Kostbares Kleinod für lange meeresferne Tage.
Die Stirne klärt sich, alle Unrast kommt zur Ruh,
Kein Wunsch mehr offen, keine ungelöste Frage.
Des Meeres Macht, das seit Äonen tosende Gegischt
Mit donnernder Gewalt am Fels zerschellt.
Salzfeuchter Atem kühlt mein hitziges Gesicht.
Wie hat des Windes Freiheit mir gefehlt.
Der schroffen Felsen schwarz gebleckte Zähne,
Den Schlund geöffnet für den nächsten übergroßen Schluck.
Schaumrösserflug mit weißen, windgepeitschten Mähnen,
Poseidons Jagd holt sich ihr Recht zurück.
Im flüssig‘ Gold von längst versunkenen Schätzen
Die tiefe Sonne umschlingt den Horizont.
Vage Verheißung, das blaue Band der dunklen Küste weit im Westen.
Für solchen Blick hat alles Warten sich gelohnt.
veredit©Isabella Kramer 08